Beim Training vor mehr als 40 Jahren lernten sie sich kennen, seitdem stehen sie zusammen an der Platte: Bernd Milcke, Ulrich Kreil, Ralf Seebert und Bernhard Dorow haben Aufstiege und Abstiege zusammen erlebt. Nach der Wende ging es erst mal im Trabi nach Hamburg.
Sommer, 1979. Die beiden Ost-Berliner Bernd Milcke und Ralf Seebert sind zum Training verabredet, ausnahmsweise in der Werner-Seelenbinder-Halle. Auch Ulrich Kreil ist dabei. Ein paar Monate zuvor ist er aus Plauen nach Berlin gezogen. Beim gemeinsamen Training lernen sie Bernhard Dorow kennen. Er ist aus dem Bezirk Schwerin nach Berlin gezogen und auf Vereinssuche. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Dorow. Der Abend endet bei Lisa, einer Kneipe um die Ecke.
40 Jahre später sitzen die vier Rentner im “Igel”, einer urigen Eckkneipe in Friedrichshain. Mehr als die Hälfte ihres Lebens haben sie zusammen verbracht. Im Palast der Republik feierten sie ihre Saisonabschlüsse, Geburtstage und Hochzeiten wurden gemeinsam zelebriert. Dann war die Zeit der DDR zu Ende. Doch Milcke, Kreil, Seebert und Dorow hat auch das nicht trennen können. Seit mehr als 40 Jahren stehen sie zusammen an der Platte.
August 2019: Einmal pro Woche trifft sich das Quartett zum Training. Danach geht es in den Igel. Die vier Männer sitzen an ihrem Stammtisch mitten im Raum. Hinter ihnen zwischen kleinen Igel-Stofftieren steht eingerahmt eine Urkunde. “Old Men Rock”, steht darauf. “40 Jahre für die Ewigkeit.” Die Urkunde haben sie von ihrem heutigen Verein bekommen, dem TTV Preußen 90, zusammen mit passenden T-Shirts zum 40-jährigen Mannschaftsjubiläum.
Im Trabi nach Hamburg
Zu DDR-Zeiten spielten die vier jungen Männer noch für den Verein BSG Post Berlin. Die Mannschaft ist ausgeglichen besetzt und steigt erst in die Kreisliga und dann in die Bezirksklasse auf. Dort spielen sie die nächsten Jahre im Mittelfeld mit – bis die Mauer fällt. Die beiden Berliner Post-Vereine werden zusammengelegt, genau wie die Verbände Ost- und West-Berlins. Plötzlich spielt die Mannschaft um Kapitän Milcke für den Post Berlin SV nur noch in der 1. Kreisklasse.
Ihren Teamgeist lassen sich die Vier dadurch nicht nehmen. Im Gegenteil: Im März 1990 geht es im grünen Trabi nach Hasloh, ein kleiner Ort im Norden Hamburgs. Dorow hat über einen Verwandten ein Freundschaftsspiel angeleiert. Beim Ausflug auf die Reeperbahn seien ihnen fast die Augen aus dem Kopf gefallen, erzählt Kreil. Die Hamburger bestaunten hingegen den grünen Trabi aus dem Osten. “Die Leute haben Schlange gestanden, um einmal damit zu fahren”, erinnert sich Kreil. Der Sieg geht an diesem Wochenende an die Spieler aus Hasloh – wie auch in den folgenden Jahren. Immerhin: “Am Biertisch haben wir gewonnen”, sagt Seebert und lacht.
Zehn Jahre später fühlen sich Milcke, Kreil, Seebert und Dorow beim Post Berlin SV nicht mehr wohl. Plötzlich soll auch noch die Halle an der Palisadenstraße als Trainingsort geschlossen werden. Milcke fängt an, sich nach anderen Vereinen umzuschauen. Ein Wechsel kommt jedoch nur als komplette Mannschaft in Frage.
So landen die Vier schließlich mitten in Friedrichshain, beim TTV Preußen 90. Milcke und sein Team steigen aus der 3. Kreisklasse in die 1. Kreisklasse auf. Mehrere Jahre führt Milcke den kleinen Verein als Vorsitzender, die Mitgliederzahlen steigen. Zwischenzeitlich bilden die vier Freunde bei den Preußen die erste Mannschaft, heute treten sie als Sechste an. Ein Problem haben sie damit nicht. “Wir wollten nie auseinander”, sagt Milcke. “Das war das allerwichtigste.”